— Völlige, absolute und einhundertprozentige Stille.
Adventure time! ⛰️ In den tiefsten Schwarzwald gefahren. Die Spät sommersonne auf der Haut von 1Lennz geschmeckt. ☀️ Mit Schwebefliegen Freund*innenschaft geschlossen. Einsame Waldwege erkundet und dabei Pfifferlinge gefunden. Feuerchen gemacht, einen Rosé geöffnet und in den Sternenhimmel, mit so wenig Lichtverschmutzung wie zuletzt vor über 20 Jahren an der Küste vor St. Peter Ording, geschaut. Wow! ✨ Fledermäuse beobachtet. In der Nacht die völlige, absolute und einhundertprozentige Stille erlebt. Kaffee und Tee im schattigen Morgentau getrunken und dazu das beste, einen Tag alte, Pain au chocolat meines Lebens gegessen. Am eiskalten Brunnen gewaschen. Das Gesicht in der Morgensonne gewärmt, welche sich über die Baumwipfel schob. Aufbruch zurück in die Zivilisation. 🌀 Warum?
Ich verliebe mich auf Wanderungen durch den Schwarzwald ja regelmäßig in die Namen von Straßen und Wegen. So auch heute, in die Hummelweiherstraße. Diese Adresse möchte man doch gern nennen, wenn man bei bürokratischer Gelegenheit danach gefragt wird. Ansonsten waren wir auch heute ausreichend früh und bei ausreichend unbeständigem Wetter unterwegs, um auf möglichst wenige Menschen zu treffen. Man könnte auch sagen, dass uns mehr überaus niedliche Baby-(Erd?)Kröten über den Weg liefen als Menschen.
Ich bildete mir ja tatsächlich ein, dass ich den Schwarzwald – in einem gar nicht mal so kleinen Radius rund um Freiburg – echt gut kenne. In den letzten Wochen und auch heute wurde ich mal wieder eines Besseren belehrt. Auf einem bisher „unbewanderten“ Flecken bei Simonswald, erschloss sich uns, steil bergan, erneut eine so unfassbar schöne Schlucht, die ihresgleichen sucht. Nach den teils heftigen Niederschlägen der letzten Tage toste das Wasser nur so zu Tal, die Wege waren teilweise überspült und der Wind lockte noch die letzten Regentropfen aus dem Blätterdach über uns. Einfach herrlich. Auch die weitere Route über den Rohrhardsberg (hihi 🤭) oder auf dem Yacher Höhenweg geizte nicht mit landschaftlicher Schönheit. Als ständiger Begleiter: Ein Sausen und Wehen in den Ohren und um die Nasenspitze. Am Wegesrand die kulinarischen Highlights: Die ersten Pfifferlinge und Maronen-Röhrlinge aus dem Bilderbuch, Quendel und Kamille, außerdem Himbeeren und Blaubeeren (welche am Ende zwei Vesperdosen füllten).
Verteilt auf unserer Wanderroute lagen heute nur 287 Höhenmeter und dennoch haben Ella und ich fast fünf Stunden gebraucht. Es lag an den Himbeeren. Zu viele, zu lecker und einfach überall. Noch vor ein paar Tagen hatte ich mich lautstark darüber beschwert, dass ich keinen einzigen Spot in der Gegend kenne, an dem Himbeeren wachsen. Tja, jetzt kenne ich einen! Doch: Wie kann es sein, dass ich all die Jahre, die ich nun schon im Schwarzwald lebe, noch nicht hier gewesen bin? Und: Wie viel Glück kann mensch bitte haben, heute – nach einem Unwetter – in dieser wunderschönen Bannwald-Schlucht gewesen zu sein?
Fest steht, diese Wanderung, mit frühem Aufstehen, Brezel-Kauf bei der Dorfbäckerei, morgendlicher Sommer-Kühle, kurzweiligen Licht- und Schattenspielen, einer unglaublich mystisch-moosigen Schlucht, Himbeeren in Hülle und Fülle, faszinierenderen Wasserspielen und den Ausblicken in die Täler, sticht unter vielen Routen, die ich schon erkunden durfte, heraus.
Delikatesse, uralte Heilpflanze und absolute Nährstoffbombe. Und: Wächst auf unserem Acker. 🧑🌾
Okay, um ehrlich zu sein, diese köstlichen Feigen gedeihen etwa 20 Meter entfernt von unserem Acker und hängen an einem Baum, der unserem Nachbarn gehört (natürlich hatte ich die ausdrückliche Erlaubnis, sie zu ernten). Doch auch unser Feigenbaum, den wir erst im November letzten Jahres von einem anderen Grundstück umgesetzt haben, trägt bereits (wenn auch kleine) Früchte. Dazu gesellen sich zwei kleine Setzlinge, die wir im April gepflanzt haben. Außerdem habe ich kürzlich gelernt, dass man Feigen über Stecklinge vermehren kann. Feigenplantage incoming! ✨
— Sommerferien. Oder auch: Radikale Selbstfürsorge. Jetzt!
Seit 21 Jahren gehe ich einer Lohnarbeit nach. 🧑💻 Meine dreijährige Ausbildung, in die ich im zarten Alter von 16 (fast 17) Jahren gestartet bin, zähle ich mal mit. In dieser Zeit habe ich in fünf verschiedenen Unternehmen gearbeitet. Mein längster Arbeitstag betrug ziemlich genau (und ungelogen) 26 Stunden und 30 Minuten (an diesem Tag bin ich dann auf dem Nachhauseweg über eine rote Ampel gedonnert – hätte also mein letzter sein können) und meine längste Arbeitswoche … ach lassen wir das. Nebenbei war ich selbstständig, weil das Geld oft nicht reichte, und ich habe zwei nebenberufliche Weiterbildungen (zur Medienfachwirt*in und zur Betriebswirt*in) gemacht. Drei Jahre keinen Samstag und dann nochmal zwei Jahre nach acht Stunden Lohnarbeit jeweils vier Stunden Unterricht plus Vollzeitwochen im knappen Urlaub. Das Lernen oder das Schreiben von Haus- und Abschlussarbeiten fallen da kaum ins Gewicht. Mein längster Urlaub in – wir erinnern uns – 21 Jahren: Drei Wochen. Letztes Jahr, btw in Magdeburg, Halle und im Thüringer Wald – schön war’s!
Dann waren da noch die sechs Wochen, in denen ich wegen Depressionen und Angststörung kaum meine Wohnung verlassen konnte oder ich nach minutenlangem Starren auf eine Mehltüte im Supermarktregal schamvoll den Laden verließ, weil ich einfach nicht mehr wusste warum, weshalb und ob überhaupt. Aber mit den sechs Wochen war’s dann auch einfach genug. Genug gechillt, zurück ins neoliberale System freiwilliger Selbstausbeutung, wo „Gestaltungsspielraum“ gern mal synonym für absolute Planlosigkeit von (einigen – keine Verallgemeinerungen à la Friedrich Merz) Führungskräften steht und „auf Sicht fahren“ die ultimative Floskel ist, um sich auch wirklich vor jeder Entscheidung drücken zu können, die aus der zumeist selbst eingebrockten Misere herausführen könnte.
Apropos „heraus“: Ich habe mich kürzlich für eine Auszeit entschieden und mich damit zunächst für den Weg heraus entschieden. Was ich kann weiß ich. Unerfolgreich war ich auch nicht, auf vieles bin ich unglaublich stolz und an Jobangeboten mangelt es mir gerade auch nicht. Doch das Bewusstsein dafür, was ich (beruflich) wirklich will, ist mir in den letzten Jahren abhanden gekommen. Von einer Station/Herausforderung/Krise zur nächsten. Machen, tun, schaffen (wie wir hier im badischen so schön sagen). Lob, Meilensteine, Anerkennung, die Welt retten. Als ob. 🤷
Die geneigte Leser*in, welche bis hier hin folgen konnte, fragt sich nun vielleicht: Was, Oli Lou, was willst du mir sagen? Und ich antworte: Vielerlei! Vor allem möchte ich sagen, dass ich mir nun eine ganz bewusste Pause gönnen werde. All die Unsicherheiten, vor allem die finanziellen, die damit verbunden sind, können mich mal. Quasi, „Radikale Selbstfürsorge. Jetzt!“. Ich möchte all die Gedanken, die mich an diesem Punkt gebracht haben und mich mit Blick in die Zukunft umtreiben, sortieren. Außerdem, möchte ich im Grunde jede Person, die das hier liest, mit meinem revolutionären Geist, der mir in meiner Kindheit von Karla Kolumna über Benjamin Blümchen-Hörspielkassetten indoktriniert wurde, dazu ermuntern, auszubrechen, in Frage zu stellen und wieder mehr zu wollen, statt immerzu zu müssen.
Ich genieße nun meine ersten Sommerferien seit 21 Jahren! Werde auf meinem Acker arbeiten, werde auf alten und neuen Pfaden den Schwarzwald erkunden und meiner Liebe zur Fotografie mehr Raum geben, werde lesen, schreiben und … so mein Plan, im letzten Quartal 2023 wieder an den Start gehen. Wenn es also Menschen gibt, die Dinge tun, welche der Gesellschaft einen Mehrwert bieten (ja, ich bin so schlimm idealistisch und will nicht dabei helfen Dieselfahrzeuge, Versicherungen oder Babyshampoo mit Einhornprinzessinenglitzermist zu verkaufen) und dabei eine Allrounder*in in den Bereichen Medien, Kommunikation und Betriebswirtschaft gebrauchen können ➡️ schreibt mir.
Durch den Pflanzenfarbstoff Anthocyan besitzen Blaubeeren antioxidative Wirkung und helfen somit oxidativem Stress im Körper vorzubeugen und freie Radikale abzufangen. Aha! 🫐 Obendrein sind sie einfach super lecker und erinnern mich an meine Kindheit, als klein Oli Lou mit Oma und Opa durch den vogtländischen Forst zog um Beeren zu pflücken. Also vornehmlich haben meine Großeltern gepflückt. Ich musste, wie eine Ameise, Dinge durch den Wald schleppen, die meine Körpergröße um ein vielfaches übertrafen.
Wenn die Stadt sich auf 35°C und mehr aufheizt, dann flüchte ich hier hin. Wo die Feuchtigkeit des letzten Gewitters noch präsent ist, wo der Waldboden über seine moosige Oberfläche ungeahnte Kühle ausströmt, wo immer ein leichter Wind über die Haut streift und die Gischt der Wasserfälle sich kühlend auf den ganzen Körper legt.
Was für ein Privileg solche Orte zu kennen, dass sie (noch) existieren und ich aktuell der Lohnarbeit entsage, um sie ausgiebig fühlen und erleben zu können.
Hey, ich bin Oli Lou! Ich lebe in Freiburg, bin Allrounder*in in den Bereichen Medien, Kommunikation und Betriebswirtschaft und dokumentiere hier meinen Blick auf die Welt.